Beginn der Entspannung

Bereits mit dem Tod Stalins 1953 kam es zu einer ersten Entspannungsperiode. Diese war vor allem auf Chruschtschow zurückzuführen, der seine These der friedlichen Koexistenz formulierte. Ereignisse wie die ungarische Revolution von 1956 und die Kubakrise von 1962 stellten einen herben Rückschlag dar. Danach kam es zu einer erneuten Phase der Entspannung.1 "Die Beziehungen der USA zur UdSSR verbesserten sich, während sich die Lage in Südostasien verschlechterte."2

Die UdSSR war wegen ihres Konfliktes mit China, die USA wegen des Vietnamkrieges gezwungen, die Spannungen zwischen Ost und West abzubauen. Wirtschaftliche Schwierigkeiten, vor allem seitens der Sowjetunion, und das neu entstandene Gleichgewicht der atomaren Abschreckung trugen ebenfalls zu dieser Entspannung bei. Entspannungspolitik schloss aber Methoden wie Spionage, Subversion und Propaganda zur "Aufweichung des gegnerischen Blocks"3 nicht aus. Bedeutend für die Entspannung war vielmehr die Tatsache, dass die beiden Grossmächte die gegnerische Einflusssphäre respektierten.

Bereits 1961 hatte US-Präsident John F. Kennedy den Kalten Krieg für beendet erklärt und im weiteren Verlauf seiner Regierungszeit wurde ein "heisser Draht"4 zwischen Moskau und Washington eingerichtet, um sich in Konflikten wie der Kubakrise besser verständigen zu können. Des Weiteren wurde ein Atomstoppabkommen vereinbart, welches nur noch unterirdische Atomversuche duldete. Ausserdem schlossen Lyndon B. Johnson, der neue US-Präsident, und Leonid Breschnew einen "Vertrag über die Nicht-Weiterverbreitung von Atomwaffen"5 ab. Dieses Abkommen brachte aber weder eine Abrüstung mit sich noch konnte es sich international durchsetzen, diente es doch der Sowjetunion wie auch den USA lediglich dazu, ihren Rüstungsvorsprung zu festigen.6

Zu einem erneuten Aufflackern der Spannungen kam es, als die Sowjetunion 1968 in die Tschechoslowakei einmarschierte.7 Breschnew, der damalige Generalsekretär der KPdSU, rechtfertigte den Einmarsch damit, dass "sozialistische Staaten dann in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten des sozialistischen Lagers eingreifen dürften, wenn das gemeinsame politische System bedroht sei."8 Dies ging als die "Breschnew Doktrin"9 in die Geschichte ein.10

Mit Richard Nixon als Präsident kam es ab 1969 zu einem Wechsel in der US-Aussenpolitik. Zusammen mit Henry A. Kissinger, seinem engsten aussenpolitischen Berater, setzte er sich für die Beendigung des Vietnamkrieges und bessere Beziehungen zu China sowie der UdSSR ein.11 Nixon und Kissinger entwickelten ein Konzept einer Entspannungspolitik, "die auf dem Gleichgewicht der drei wichtigsten Weltmächte USA, UdSSR und Volksrepublik China beruhte."12 Zusammen betrieben sie eine äusserst machtorientierte Politik. Kissinger ging davon aus, "dass die Sowjetunion eine expansionistische und militärisch ebenbürtige Macht sei."13 Seiner Ansicht nach, bestand die Aufgabe der USA darin, diese in Schach zu halten. Dies schien ihm aber nur unter der Bedingung möglich, dass die USA bessere Beziehungen zu China und der Sowjetunion pflegten, als die beiden kommunistischen Mächte untereinander besassen. Unter diesen Umständen schien es Kissinger möglich, beide an sich zu binden und auch einen gewissen Druck auf sie auszuüben.

Kissinger, der ein Bewunderer Bismarcks war, verstand es, Probleme nicht isoliert zu betrachten, sondern Spielraum für deren Lösung zu schaffen.

In der Folge waren die USA sehr engagiert, ihre Beziehungen zur Sowjetunion und China zu verbessern. 1970 nahmen sie daher den diplomatischen Kontakt, den Johnson abgebrochen hatte, weil er China als Verbündeten Nordvietnams betrachtete, wieder auf. Noch während des Vietnamkrieges stattete Nixon Peking 1972 einen Besuch ab.14 Im Mai des selben Jahres besuchte er auch Moskau, wo er und Breschnew verschiedene Abkommen über Abrüstung und wirtschaftliche Zusammenarbeit unterzeichneten. Zweifellos am bedeutesten war der Abschluss des SALT-I-Vertrages. Abschliessend gaben beide Seiten ihren Willen zu einer Fortsetzung der Entspannungspolitik und der gemeinsamen Anstrengungen für eine Abrüstung bekannt.15 Gleichzeitig intensivierten sich auch die sowjetisch-amerikanischen Handelsbeziehungen auf spektakuläre Weise.

Um einen Rückfall zur Konfrontationspolitik zu vermeiden, wurde die Gleichgewichtspolitik der drei Mächte durch ein "Netz von Verträgen, Abrüstungsvereinbarungen und Wirtschaftsbeziehungen"16 ergänzt. Der Handel zwischen Ost und West erlebte zwischen 1970 und 1979 einen grossen Zuwachs. Zu dieser Zeit hatte der Osten mit Versorgungsengpässen zu kämpfen, ihre Getreideproduktion reichte für die Nutztierhaltung nicht aus. So kam es, dass die USA grosse Exporte in den Osten tätigten, waren sie doch an Unruhen oder Versorgungsengpässen im Ostblock nicht interessiert, da diese der Entspannung oder gar dem Weltfrieden geschadet hätten. Der Osten war aber unfähig in gleichem Masse zu exportieren. Es kam daher zu einer negativen Handelsbilanz gegenüber dem Westen und schliesslich zu einer massiven Verschuldung des Ostens.17

Quellenverzeichnis

1 Microsoft Corporation, Microsoft Encarta 97 Enzyklopädie, 1993-1996, Entspannungspolitikback #1
2 Microsoft Corporation,Vereinigte Staaten von Amerikaback #2
3 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, Weltgeschichte 2, Vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart, Orell Füssli Verlag, Zürich 1997, S. 264back #3
4 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 265back #4
5 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 265back #5
6 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 264-265back #6
7 Microsoft Corporation, Entspannungspolitikback #7
8 Microsoft Corporation, Breschnew, Leonid Iljitschback #8
9 Microsoft Corporation, Breschnew, Leonid Iljitschback #9
10 Microsoft Corporation, Breschnew, Leonid Iljitschback #10
11 Microsoft Corporation, Breschnew, Nixon, Richard Milhousback #11
12 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 265back #12
13 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 265back #13
14 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 265back #14
15 Digital Publishing, Das 20. Jahrhundert, 1968-1996, Digital Publishing, München 1996, Nixon besucht die Sowjetunionback #15
16 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 265back #16
17 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 265-266back #17
  

Links zum Thema

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URL: http://www.welt.de/daten/1996/05/02/0502fo101921.htx

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