Marshall-Plan

Nach dem 2. Weltkrieg sahen sich die USA gezwungen, dem wirtschaftlich schwer angeschlagenen Europa nebst militärischer auch finanzielle Hilfe zukommen zu lassen. Die Europäer verfügten nicht über die Mittel um Material, Werkzeuge und Maschinen zum Wiederaufbau ihrer Wirtschaft anzuschaffen. Zudem waren die Landwirtschaft und der Kohleabbau beinahe zum Stillstand gekommen, grosse Teile der Bevölkerung litten unter Hunger.

Zum Eingreifen der USA in finanzieller Hinsicht trugen folgende Gründe bei:

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Europa war ein wichtiger Absatzmarkt für amerikanische Waren. Eine Rückkehr zum Isolationismus wie nach dem Ersten Weltkrieg war völlig undenkbar, befürchtete man doch eine erneute Wirtschaftskrise.

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Ein wirtschaftlich schwaches Europa schien dem Kommunismus und somit der Sowjetunion nicht abgeneigt. Dies hätte allerdings eine Bedrohung der amerikanischen Sicherheit zur Folge.

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Deutschland musste unter allen Umständen wiederaufgebaut werden. Die deutsche Wirtschaft war mit der europäischen derart eng verflochten, dass Europa nur durch den Wiederaufbau Deutschlands aus seiner ökonomischen Krise herausfinden konnte. Ausserdem sahen die USA für Deutschland eine Puffer-Funktion gegen die sowjetische Expansionspolitik vor.

In Anbetracht dieser Punkte kamen die USA zum Schluss, dass ein finanzielles Hilfsprogramm zum Wiederaufbau der europäischen Länder unabdingbar war. Im Juni 1947 gab der neue Aussenminister George Marshall bekannt, "dass die USA die notwendige finanzielle Unterstützung leisten würde, falls Europa ein gemeinsames, langfristiges Wiederaufbauprogramm erstellte."2 Aus diesem Grund trafen sich die europäischen Staaten einschliesslich der Sowjetunion zu einer Konferenz in Paris. Da das Europäische Wiederaufbauprogramm (European Recovery Program: ERP), auch Marshall-Plan genannt, eine enge Zusammenarbeit der UdSSR mit den westeuropäischen Staaten und eine offene Abrechnung über die Verwendung der Gelder verlangte, lehnte Moskau eine Teilnahme ab.3

Den osteuropäischen Regierungen verbot Stalin die Beteiligung am amerikanischen Hilfsprogramm, weil er seine mühsam errichtete Sicherheitszone nicht an die USA verlieren wollte. Daraufhin begann er mit der hermetischen Abriegelung Osteuropas und der rücksichtslosen Etablierung des sowjetischen Modells, wodurch die Bedingungen zum Aufbau der Volkswirtschaften in den osteuropäischen Ländern zusätzlich erschwert wurden. Einerseits starteten diese Länder auf einem tieferen wirtschaftlichen Niveau als die Länder Westeuropas, hatten weit grössere Kriegsschäden hinnehmen müssen und weniger effiziente Systeme, andererseits mussten sie jetzt auch noch auf den amerikanischen Dollarsegen verzichten. Damit wurde Europa in zwei Wirtschaftsblöcke getrennt; die Blockbildung und somit das "Ende der Diplomatie"4 waren Tatsache geworden. Von nun an sollte es keine Kompromissmöglichkeiten mehr geben, der Ost-West-Konflikt wurde nach Wilfried Loth zum "... allumfassenden Existenzkampf zweier Gesellschaftssysteme, der nur mit Sieg oder Niederlage enden konnte."5

Im Rahmen des Marshall-Plans bewilligte der US-Kongress für Europa eine Wirtschaftsspritze von über 13 Milliarden Dollar. Etwa 70 Prozent der Summe flossen für den Kauf von Gütern wieder in die USA zurück. Mit zunehmender Spannung zwischen West und Ost wurden die zum Aufbau der Wirtschaft vorgesehenen Mittel vermehrt in Militärausgaben umgemünzt. Dadurch wurde nebst der Sanierung der westeuropäischen Wirtschaft auch die militärische Selbstverteidigung gestärkt.6

Insgesamt war der Marshall-Plan ein voller Erfolg; er erreichte alle seine kurz- und langfristigen Ziele, abgesehen von der Verhinderung der Spaltung Europas. Erstens wurde der sowjetischen Westexpansion Einhalt geboten, zweitens verbesserte sich die Situation der Wirtschaft in Westeuropa massiv, was wiederum eine Hebung der Kaufkraft zur Folge hatte. Die allgemein befürchtete Weltwirtschaftskrise konnte dank des Marshall-Plans abgewendet werden. Eine wichtige Grundlage für diesen Erfolg war die "wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen siegreichen und besiegten Staaten."7 Gemeinsam mussten sie Richtlinien für die Verteilung und Verwendung der von den USA zur Verfügung gestellten Mitteln ausarbeiten. Daraus entwickelten sich etliche Wirtschaftsorganisationen8, die wichtige Impulse zur einsetzenden europäischen Integration beisteuerten.9

Als Folge dieser Entwicklung schuf die Sowjetunion im Januar 1949 den RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe), englisch Comecon (Council for Mutual Economic Assistance). Zu den Gründungsmitgliedern gehörten die Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Rumänien, Bulgarien und Ungarn, später kamen noch Albanien, die DDR und eine Reihe aussereuropäischer Staaten hinzu. Ziel dieser internationalen Organisation war es, die Volkswirtschaften der Ostblockstaaten koordiniert umzubauen und miteinander zu verknüpfen. Ferner beabsichtigte die Regierung in Moskau mit dem RGW, alle noch bestehenden wirtschaftlichen Bindungen zwischen dem Westen und den Staaten in ihrem Einflussbereich aufzulösen.10

Quellenverzeichnis

1 Paul Rosenkranz, Wege zur Gegenwart, Verlag Maihof, Luzern 1991, S. 21back #1
2 Microsoft Corporation, Microsoft Encarta 97 Enzyklopädie, 1993-1996, Europäisches Wiederaufbauprogrammback #2
3 Microsoft Corporation, Europäisches Wiederaufbauprogrammback #3
4 Paul Rosenkranz, S. 23back #4
5 Paul Rosenkranz, S. 20-23; Zitat S. 23back #5
6 Microsoft Corporation, Europäisches Wiederaufbauprogrammback #6
7 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, Weltgeschichte 2, Vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart, Orell Füssli Verlag, Zürich 1997, S. 239back #7
8 OEEC (Europäischer Wirtschaftsrat), GATT (Zoll- und Handelsvereinbarung), EZU (Europäische Zahlungsunion), BIZ (Bank für internationalen Zahlungsausgleich)back #8
9 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 239-240back #9
10 Spiegel Online, Geschichte der Deutschen, Digital Publishing, München 1998, Der Comecon oder RGWback #10

 

Links zum Thema

1.

50 Jahre Marshall-Plan
Alles, was man über den Marshall-Plan wissen muss. Auszug aus der Rede Marshalls.
URL: http://www.peter-kersten.de/marshall.htm
2. Nachkriegsordnung im Zeichen von Marshall-Plan und Blockbildung
Europas Wirtschaft nach dem Krieg graphisch dargestellt und erläutert.
URL: http://viadrina.euv-frankfurt-o.de/~wsgn1/pageG7.html
3. George C. Marshall, 1880-1959
Biographie des amerikanischen Politikers und Militärs.
URL: http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MarshallGeorgeC/
4. Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)
Als Antwort auf den Marshall-Plan gründen die Ostblockstaaten den RGW.
URL: http://www.dhm.de/lemo/html/ ... /ratFuerGegenseitigeWirtschaftshilfe.html

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