Die zweite Berlinkrise

1955 wurde die BRD in den Nordatlantikpakt aufgenommen. Entgegen heftigen Widerständen aus dem In- und Ausland stationierte die NATO 1958 Atomwaffen auf bundesdeutschem Gebiet. Dies obwohl die UdSSR ein Jahr zuvor eine atomwaffenfreie Zone in der BRD, der DDR, Polen und der Tschechoslowakei vorsah. Diese Tatsachen zementierten die Teilung Deutschlands.

Chruschtschow nannte Berlin "ein Krebsgeschwür"1, da es bei einem zweigeteilten Deutschland sowohl zum Osten als auch zum Westen gehörte.2

Die westliche Anwesenheit bedrohte die Kontrolle der UdSSR über Ostdeutschland, ja über den ganzen von Moskau aus regierten Bereich, weil viele hochqualifizierte Arbeitskräfte das Land in Richtung Westen verliessen. Da die ostdeutsche Regierung befürchtete, dass die Ausreise dieser hochqualifizierten Arbeitskräfte die Wirtschaft der DDR zum Stillstand bringen könnte, unternahm sie alles, um Ostdeutschland vom Westen abzugrenzen. 1958 wurden entlang der ganzen Grenze Stacheldrähte und Wachtürme errichtet, welche rund um die Uhr von Patrouillen bewacht wurden. Die Grenze in Berlin blieb aber weiterhin offen und wurde nun zur Flucht nach Westen genutzt. Jeder Ostdeutsche, der unter irgend einem Vorwand nach Berlin reisen durfte, konnte ohne grosse Hindernisse in den Westen ausreisen.3

Dieser Zustand war für die UdSSR unhaltbar. Am 27. November 1958 gaben die Russen ihr Ultimatum bekannt, welches die Teilung Deutschlands in drei Staaten vorsah; die BRD, die DDR und einen freien Staat Berlin. Im Staat Berlin müssten sich alle alliierten Truppen zurückziehen, was aus der Sicht der BRD und der USA zu einer Schwächung der westlichen Position führen sollte.4 Dieses Ultimatum gaben die Sowjets erst bekannt, als sie den Westmächten ihre Stärke demonstriert hatten, mit der sie Berlin von der restlichen Welt abschirmen konnten. Eine Luftbrücke, wie in der ersten Berlinkrise, war unmöglich geworden. Die USA kamen deshalb zum Schluss, dass ein durch die Berlinfrage ausgelöster Krieg einen allgemeinen Atomkrieg zur Folge hätte.

Am 11. Dezember 1958 gab Moskau bekannt, dass, falls der ostdeutschen Regierung jemals die Kontrolle übergeben werde, "jeder Versuch, sich gewaltsam einen Weg nach Berlin zu bahnen"5 als "Angriff auf die Deutsche Demokratische Republik"6 betrachtet werde.

Um ein unabhängiges Westberlin zu bewahren, mussten die Alliierten dafür sorgen, dass Berlin über die Landwege erreichbar blieb. Militärisch gesehen hätten sie Berlin aufgeben müssen, doch dies war politisch nicht unter einen Hut zu bringen, da sie sonst die Menschen in Westberlin verraten hätten. Am 31. Dezember 1958 entschlossen sich daher die Alliierten, in Berlin zu bleiben. Diese Spannung schien über kurz oder lang in einem Krieg auszuarten. Da aber ein Krieg das Risiko mit sich trug, dass dabei die gesamte Menschheit zu Grunde gehen konnte, durfte dies unmöglich die Lösung des Problems sein. Den beiden Regierungen blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, was die andere Seite unternahm und ob diese zuerst ihre Meinung ändern würde. Moskau schlug schliesslich ein Gipfeltreffen vor, bei dem über die Berlinfrage verhandelt werden sollte. Der Westen hatte aber nichts zu verhandeln, da seine Position gegenüber Berlin klar war. Kurz darauf, nachdem die Sowjetunion vier Monate lang behauptet hatte, die Westmächte hätten keinen Anspruch auf Berlin, verlautete Chruschtschow am 19. März: "Ich bin überzeugt, dass die Vereinigten Staaten, Grossbritannien und Frankreich tatsächlich für den Verbleib in Berlin gültige Rechte besitzen. Diese Rechte ergaben sich aus der Tatsache der deutschen Kapitulation nach unserem gemeinsamen Kampf gegen Nazi-Deutschland."7

Trotz der klaren Position der USA kam es schliesslich und endlich doch noch zu Verhandlungen. Chruschtschow reiste zuerst in die USA und  kurz darauf nahm er an einer Gipfelkonferenz in Paris teil. Nach einen Zwischenfall mit einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug sah sich Chruschtschow veranlasst, das Gipfeltreffen frühzeitig zu verlassen. Der eigentliche Grund seiner verfrühten Abreise war jedoch der, dass er seine Interessen nicht durchzusetzen vermochte. Es gelang ihm nicht, den französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulles für seine Seite zu gewinnen.8

Quellenverzeichnis

1 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, Weltgeschichte 2, Vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart, Orell Füssli Verlag, Zürich 1997, S. 259back #1
2 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 259back #2
3 Halle, Louis, Der Kalte Krieg, Harper & Row Verlag, New York 1967, S. 348-350back #3
4 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 259back #4
5 Halle, Louis, S. 350back #5
6 Halle, Louis, S. 350back #6
7 Halle, Louis, S. 350-355back #7
8 Boesch, Joseph, Schläpfer, Rudolf, S. 259back #8
  

Links zum Thema

1.

Berlin Ultimatum: Video der Willy-Brandt-Stiftung
Modem - ISDN
URL: http://www.bwbs.de/biographie/video/defend.ram

2.

Berlin Krise: Video der Willy-Brandt-Stiftung
Modem - ISDN
URL: http://www.bwbs.de/biographie/video/check.ram

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