Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den drei Mächten (Deutschlandvertrag) in der geänderten Fassung vom 23. Oktober 1954:
"Die Bundesrepublik Deutschland, die Vereinigten Staaten von Amerika, das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland und die Französische Republik haben zur Festlegung der Grundlagen ihres neuen Verhältnisses den folgenden Vertrag geschlossen:
Artikel 1
(1) Mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages werden die Vereinigten Staaten
von Amerika, das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland
und die Französische Republik (in diesem Vertrag und in den
Zusatzverträgen auch als "Drei Mächte" bezeichnet) das
Besatzungsregime in der Bundesrepublik beenden, das Besatzungsstatut
aufheben und die Alliierte Hohe Kommission sowie die Dienststellen der
Landeskommissare in der Bundesrepublik auflösen.
(2) Die Bundesrepublik wird demgemäss die volle Macht eines souveränen Staates über ihre inneren und äusseren Angelegenheiten haben.
Im Hinblick auf die internationale Lage, die bisher die Wiedervereinigung Deutschlands und den Abschluss eines Friedensvertrags verhindert hat, behalten die Drei Mächte die bisher von ihnen ausgeübten oder innegehabten Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und auf Deutschland als Ganzes einschliesslich der Wiedervereinigung Deutschlands und einer friedensvertraglichen Regelung. Die von den Drei Mächten beibehaltenen Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf die Stationierung von Streitkräften in Deutschland und der Schutz der Sicherheit dieser Streitkräfte bestimmen sich nach den Artikeln 4 und 5 dieses Vertrages...
Artikel 3
(1) Die Bundesrepublik wird ihre Politik in Einklang mit den Prinzipien
der Satzung der Vereinten Nationen und mit den im Statut des Europarates
aufgestellten Zielen halten ...
Artikel 4
(1 ) Bis zum Inkrafttreten der Abmachungen über den deutschen
Verteidigungsbeitrag behalten die Drei Mächte weiterhin ihre bisher
ausgeübten oder innegehabten Rechte in bezug auf die Stationierung von
Streitkräften in der Bundesrepublik. Die Aufgabe dieser Streitkräfte
wird die Verteidigung der freien Welt sein, zu der die Bundesrepublik und
Berlin gehören. Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 5 Absatz (2)
dieses Vertrags bestimmen sich die Rechte und Pflichten dieser
Streitkräfte nach dem Vertrag über die Rechte und Pflichten
ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundesrepublik
Deutschland (im folgenden als "Truppenvertrag" bezeichnet), auf
den in Artikel 8 Absatz (1) dieses Vertrags Bezug genommen ist.
(2) Die von den Drei Mächten bisher ausgeübten oder innegehabten und weiterhin beizubehaltenden Rechte in bezug auf die Stationierung von Streitkräften in Deutschland werden von den Bestimmungen dieses Artikels nicht berührt, soweit sie für die Ausübung der im ersten Satz des Artikels 2 dieses Vertrags genannten Rechte erforderlich sind. Die Bundesrepublik ist damit einverstanden, dass vom Inkrafttreten der Abmachungen über den deutschen Verteidigungsbeitrag an Streitkräfte der gleichen Nationalität und Effektivstärke wie zur Zeit dieses Inkrafttretens in der Bundesrepublik stationiert werden dürfen. Im Hinblick auf die in Artikel 1 Absatz (2) dieses Vertrags umschriebene Rechtsstellung der Bundesrepublik und im Hinblick darauf, dass die Drei Mächte gewillt sind, ihre Rechte betreffend die Stationierung von Streitkräften in der Bundesrepublik, soweit diese betroffen ist, nur in vollem Einvernehmen mit der Bundesrepublik auszuüben, wird diese Frage in einem besonderen Vertrag geregelt...
Artikel 7
(1) Die Unterzeichnerstaaten sind darüber einig, dass ein wesentliches
Ziel ihrer gemeinsamen Politik eine zwischen Deutschland und seinen
ehemaligen Gegnern frei vereinbarte friedensvertragliche Regelung für
ganz Deutschland ist, welche die Grundlage für einen dauerhaften Frieden
bilden soll. Sie sind weiterhin darüber einig, dass die endgültige
Festlegung der Grenzen Deutschlands bis zu dieser Regelung aufgeschoben
werden muss.
(2) Bis zum Abschluss der friedensvertraglichen Regelung werden die Unterzeichnerstaaten zusammenwirken, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen: Ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung, ähnlich wie die Bundesrepublik, besitzt und das in die europäische Gemeinschaft integriert ist ...
(4) Die Drei Mächte werden die Bundesrepublik in allen Angelegenheiten konsultieren, welche Deutschland als ganzes betreffen ..."
Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten von ihren Regierungen gehörig beglaubigten Vertreter diesen Vertrag unterschrieben.
Geschehen zu Bonn am sechsundzwanzigsten Tage des Monats Mai 1952 in deutscher, englischer und französischer Sprache, wobei alle drei Fassungen gleichermassen authentisch sind.
Für die Bundesrepublik Deutschland
gezeichnet:
Adenauer
Für das Vereinigte Königreich von
Grossbritannien und Nordirland
gezeichnet:
Anthony Eden
Für die Vereinigten Staaten von Amerika
gezeichnet:
Dean Acheson
Für die Französische Republik
gezeichnet:
Robert Schuman"
Aus: Spiegel Online, Geschichte der Deutschen, Digital Publishing, München 1998, Der Deutschlandvertrag im Auszug