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Kommuniqué
der Potsdamer Konferenz
Ein
gemeinsames Kommuniqué über die Dreierkonferenz in Potsdam wurde nach
Angaben von United Press gleichzeitig in London, Moskau und Washington
veröffentlicht. Das Kommuniqué hatte folgenden Wortlaut:
"1. Bericht über die
Dreimächtekonferenz in Berlin; Am 17. Juli 1945 sind Harry S. Truman,
Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Generalissimus J. V.
Stalin, Vorsitzender des Rates der Volkskommissare der Union der
Sozialistischen Sowjetrepubliken, und Winston S. Churchill,
Ministerpräsident von Grossbritannien, gemeinsam mit Mr. Clement R.
Attlee auf der Dreimächtekonferenz in Berlin zusammengekommen. Sie wurden
von den Aussenministern ihrer drei Regierungen, und zwar von Mr. James F.
Byrnes, Mr. V. M. Molotow und Mr. Anthony Eden ferner von den Chefs der
Generalstäbe sowie von weiteren Beratern begleitet. Zwischen dem 17. und
dem 25. Juli fanden neun Zusammenkünfte statt. Danach wurde die Konferenz
auf zwei Tage unterbrochen, während die Ergebnisse der allgemeinen Wahlen
in England bekanntgegeben wurden. Am 28. Juli kehrte Mr. Attlee zu der
Konferenz als Ministerpräsident in Begleitung des neuen Aussenministers
Mr. Ernest Bevin zurück. Hierauf wurden die Beratungen vier Tage lang
fortgesetzt. Während der Konferenz fanden regelmässig Zusammenkünfte
der drei Regierungschefs statt, die von ihren Aussenministern begleitet
wurden, und ausserdem Zusammenkünfte der Aussenminister allein. Ferner
traten jeden Tag Komitees zusammen, die von den Aussenministern zur
Vorberatung über der Konferenz vorliegende Fragen bestellt worden waren.
Die Zusammenkünfte wurden im Cäcilienhof bei Potsdam abgehalten. Die
Konferenz endete am 2. August 1945. Es wurden wichtige Entscheidungen und
Übereinkommen getroffen. Über eine Reihe weiterer Fragen fand ein
Meinungsaustausch statt; diesen Fragen wird durch den auf der Konferenz
geschaffenen Rat der Aussenminister weitere Beachtung geschenkt werden.
Präsident Truman, Generalissimus Stalin und Ministerpräsident Attlee
verlassen diese Konferenz, die die Bande zwischen den drei Regierungen
gefestigt und den Umfang ihrer gemeinsamen Arbeit und ihres gegenseitigen
Einvernehmens erweitert hat, in der erneuten Zuversicht, dass ihre
Regierungen und Völker zusammen mit denen der anderen Vereinten Nationen
die Schaffung eines gerechten, dauernden Friedens gewährleisten werden.
II. Schaffung eines Rates der Aussenminister.
Auf der Konferenz wurde ein Übereinkommen bezüglich der Schaffung eines
die fünf Hauptmächte vertretenden Rates der Aussenminister erzielt, der
die notwendigen Vorbereitungsarbeiten für die Friedensverträge
fortsetzen und andere Fragen behandeln soll, die ihm von Zeit zu Zeit
durch Beschluss der im Rate vertretenen Regierungen überwiesen werden
können. Das Übereinkommen über die Schaffung des Rates der
Aussenminister hat den folgenden Wortlaut: 1. Es soll ein Rat gebildet
werden, der aus den Aussenministern des Vereinigten Königreiches, der
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Chinas, Frankreichs und der
Vereinigten Staaten besteht. 2. (I) Der gewöhnliche Zusammenkunftsort des
Rates soll London sein, wo sich der dauernde Sitz des von dem Rat zu
bildenden gemeinsamen Sekretäriats befinden soll. Jeder der
Aussenminister wird von einem ein hohes Amt bekleidenden Stellvertreter
begleitet sein, der in ordnungsgemässer Form ermächtigt ist, die
Geschäfte des Rats in Abwesenheit seines Aussenministers weiterzuführen,
ferner von einem kleinen Stab technischer Berater. (II) Die erste
Zusammenkunft des Rates soll spätestens am 1. September 1945 in London
stattfinden. In anderen Hauptstädten können von Zeit zu Zeit
Zusammenkünfte nach vorheriger Vereinbarung erfolgen. 3. (1) Die erste
wichtige Aufgabe des Rates besteht darin, auf Grund einer Ermächtigung
und zwecks späterer Vorlage an die Vereinten Nationen Friedensverträge
mit Italien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland zu entwerfen und
Vorschläge zur Beilegung territorialer Streitfragen auszuarbeiten, die
nach der Beendigung des Krieges im Vordergrund stehen. Der Rat soll zur
Vorbereitung eines Friedensvertrages mit Deutschland herangezogen werden,
der von der Regierung Deutschlands angenommen werden soll, wenn eine für
diesen Zweck geeignete Regierung gebildet worden ist. (II) Zwecks
Erfüllung jeder dieser Aufgaben wird der Rat aus Mitgliedern
zusammengesetzt sein, die die Staaten vertreten, die die dem betreffenden
feindlichen Staate auferlegten Übergabebestimmungen unterzeichnet haben.
Für den Friedensvertrag mit Italien soll Frankreich als Unterzeichner der
Übergabebestimmungen Italiens angesehen werden. Andere Mitglieder werden
zur Teilnahme aufgefordert werden, wenn Fragen zur Beratung stehen, die
sie unmittelbar betreffen. (III) Weitere Fragen können von Zeit zu Zeit
dem Rate durch Beschluss der in ihm vertretenen Regierungen überwiesen
werden. 4. (I) Wenn der Rat eine Frage behandelt, die für einen nicht in
ihm vertretenen Staat unmittelbar von Interesse ist, so soll dieser Staat
zur Entsendung von Vertretern zwecks Teilnahme an der Beratung und zum
Studium der Frage eingeladen werden. (II) Der Rat ist berechtigt, das von
ihm eingeschlagene Verfahren dem besonderen, zur Behandlung stehenden
Problem anzupassen. Er kann fallweise entweder vor der Einladung anderer
interessierter Staaten eigene Vorberatungen abhalten oder eine formelle
Konferenz unter Teilnahme des an der Lösung dieses Problems
hauptsächlich interessierten Staaten einberufen. Im Einklang mit dem auf
der Konferenz gefassten Beschluss hat jede der drei Regierungen eine
Einladung gleichen Wortlauts an die Regierungen Chinas und Frankreichs
geschickt, diese Urkunde anzunehmen und an der Bildung des Rates
mitzuwirken. Die Schaffung des Rates der Aussenminister für die
ausdrücklich im Text genannten Zwecke lässt das auf der Krim-Konferenz
getroffene Abkommen unberührt, das eine in regelmässigen Abständen
erfolgende Beratung der Aussenminister der Vereinigten Staaten, der Union
der Sozialistischen Sowjetrepubliken und des Vereinigten Königreiches
vorsieht (87 A). Ferner hat die Konferenz auch die Stellung der
Europäischen Beratungskommission in bezug auf ihren Beschluss zur
Schaffung des Rates der Aussenminister erwogen. Es ist mit Befriedigung
festgestellt worden, dass sich diese Kommission Ihrer hauptsächlichen
Aufgaben zufriedenstellend entledigt hat, in dem sie Vorschläge für die
Formulierung der bedingungslosen Waffenstreckung seitens Deutschlands,
für die Besatzungszonen in Deutschland und Österreich und für den
internationalen Kontrollapparat in diesen Ländern unterbreitete. Die
Konferenz ist zu der Ansicht gelangt, dass in Zukunft eine weitere
Tätigkeit, die auf die Einzelheiten der gemeinschaftlichen alliierten
Kontrollpolitik in Deutschland und Österreich gerichtet ist, unter die
Zuständigkeit des Alliierten Kontrollausschüsses in Berlin und der
Alliierten Kommission in Wien fallen würde. Dementsprechend ist der
Beschluss gefasst worden, die Europäische Beratungskommission aufzulösen
(siehe hierzu 61 B, 51 B; ferner den Schlussabsatz dieses Artikels).
III. Deutschland. Die Armeen der Alliierten
haben ganz Deutschland besetzt. Das deutsche Volk hat begonnen, für die
schrecklichen Verbrechen zu sühnen, die unter der Führung von Personen
begangen worden sind, denen es auf der Höhe ihres Erfolges offen
zugestimmt und blind gehorcht hat. Auf dieser Konferenz ist ein Beschluss
über die politischen und wirtschaftlichen Grundlinien einer gemeinsamen
Politik der Alliierten gegenüber dem besiegten Deutschland während der
Dauer der alliierten Kontrolle gefasst worden. Der Zweck dieses
Beschlusses ist die Durchführung des Programms, das auf der
Krim-Konferenz bezüglich Deutschlands erklärt worden ist (87 A).
Militarismus und Nazismus werden in Deutschland ausgerottet werden, und
die Alliierten werden jetzt und in Zukunft in gemeinschaftlichem
Einverständnis die weiteren Massnahmen treffen, die erforderlich sind, um
eine Gewähr dafür zu bieten, dass Deutschland weder seine Nachbarn noch
den Weltfrieden jemals wieder bedrohen kann. Es ist nicht die Absicht der
Alliierten, das deutsche Volk zu vernichten oder zu einem Volk von Sklaven
zu machen. Es ist vielmehr Ihre Absicht, dem deutschen Volk Gelegenheit zu
bieten, sich auf eine spätere Erneuerung seines Lebens auf einer
friedlichen, demokratischen Grundlage vorzubereiten. Falls seine eigenen
Bemühungen ständig auf dieses Ziel gerichtet bleiben, wird es dem
deutschen Volk nach angemessener Zeit möglich sein, einen Platz unter den
freien, friedliebenden Nationen der Erde einzunehmen. Der Beschluss hat
den folgenden Wortlaut:
Politische und wirtschaftliche Grundlinien
der Behandlung Deutschlands während der Anfänglichen Kontrollperiode. A.
Politische Grundlinien. 1. Im Einklang mit dem Abkommen über den
Kontrollapparat in Deutschland wird die oberste Gewalt in Deutschland von
den Oberbefehlshabern der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von
Amerika, des Vereinigten Königreiches, der Union der Sozialistischen
Sowjetrepubliken und der Französischen Republik gemäss den Anweisungen
der betreffenden Regierungen ausgeübt, und zwar von jedem von ihnen
einzeln in seiner eigenen Besetzungszone und von allen in ihrer
Eigenschaft als Mitglieder des Kontrollausschüsses gemeinsam in Fragen,
die Deutschland als Ganzes betreffen. 2. Soweit dies durchführbar ist,
soll die deutsche Bevölkerung überall in Deutschland der gleichen
Behandlung unterworfen werden. 3. Die folgenden für die Besetzung
Deutschlands geltenden Ziele sollen für den Kontrollausschuss massgebend
sein: (I) Vollständige Entwaffnung und Entmilitarisierung Deutschlands
und Ausschaltung oder Beaufsichtigung der gesamten deutschen Industrie,
die für Rüstungszwecke eingesetzt werden kann. Deshalb (a) sollen alle
deutschen Streitkräfte zu Wasser, zu Lande und in der Luft sowie die SS,
SA, SD und Gestapo mit allen ihren Organisationen, Stäben und Anstalten
einschliesslich des Generalstabs des Offizierskorps, des Reservekorps, der
Kadettenanstalten, der Kriegsveteranenverbände und aller anderen
militärischen und halbmilitärischen Verbände zusammen mit allen
Vereinen und Verbänden, deren Zweck die Aufrechterhaltung der
militärischen Tradition in Deutschland ist, aufgelöst und beseitigt
werden, um ein Wiederaufleben oder eine Reorganisierung von Militarismus
und Nazismus in Deutschland für alle Zeiten zu verhindern; (b) sollen
alle Waffen, Munitionsvorräte und Gegenstände des militärischen Bedarfs
sowie alle auf ihre Erzeugung zugeschnittenen Betriebe entweder den
Alliierten zur Verfügung gestellt oder zerstört werden; der Betrieb und
die Erzeugung jeder Art von Flugzeugen sowie der Besitz und die Erzeugung
aller Waffen, Munitionsvorräte und Gegenstände des militärischen
Bedarfs sollen verhindert werden. (II) Das deutsche Volk von der
Vollständigkeit seiner militärischen Niederlage zu überzeugen, ferner
davon, dass es der Verantwortung für das Schicksal, das es auf sich
herabbeschworen hat, nicht entgehen kann, da seine eigene rücksichtslose
Kriegführung und der fanatische Widerstand der Nazis die deutsche
Wirtschaft vernichtet und Not und Chaos unvermeidlich gemacht haben. (III)
Die nationalsozialistische Partei und die ihr angeschlossenen und von ihr
beaufsichtigten Organisationen zu zerstören, alle von den Nazis
geschaffenen Verbände und Anstalten aufzulösen, Massnahmen zu treffen,
die ihr Wiederaufleben in jeder Form unmöglich machen, und jede
nationalsozialistische und militärische Tätigkeit oder Propaganda zu
verhindern. (IV) Einen Wiederaufbau des deutschen politischen Lebens auf
demokratischer Grundlage und eine friedliche Teilnahme Deutschlands am
internationalen Leben vorzubereiten. 4. Alle Nazi-Gesetze, die die
Grundlage für das Hitler-Regime bildeten oder eine unterschiedliche
Behandlung von Personen wegen ihrer Rassen- oder Glaubenszugehörigkeit
oder ihrer politischen Ansichten vorsahen, sind aufzuheben. Eine derartige
unterschiedliche Behandlung soll weder im Recht noch in der Verwaltung
noch auf anderen Gebieten geduldet werden. 5. Kriegsverbrecher und
Personen, die an der Vorbereitung oder Ausführung von Unternehmungen der
Nazis teilgenommen haben, die die Begehung von Grausamkeiten oder
Kriegsverbrechen mit sich brachten oder zu solchen führten, sollen
verhaftet und vor Gericht gestellt werden. Naziführer, einflussreiche
Helfer der Nazis, hohe Beamte der Naziorganisationen, -anstalten und
-verbände und andere Personen, die die Besetzung oder die durch sie zu
erreichenden Ziele gefährden, sollen verhaftet und interniert werden. 6.
Alle Mitglieder der Nazipartei, die nicht nur der Form nach in ihr tätig
gewesen sind, und alle anderen Personen, die den Zielen der Alliierten
feindlich gegenüberstehen, sollen ihrer öffentlichen und
halböffentlichen Ämter sowie ihrer Verantwortlichen Stellungen in
wichtigen Privatunternehmungen enthoben werden. Sie sind durch Personen zu
ersetzen, die auf Grund ihrer politischen und moralischen Eigenschaften
für fähig angesehen werden, bei der Schaffung echter demokratischer
Verwaltungs- und Lebensformen in Deutschland mitzuwirken. 7. Das deutsche
Unterrichtswesen soll einer Kontrolle unterstellt werden, die
nationalsozialistische und militaristische Doktrinen ausschliesst und die
erfolgreiche Heranbildung demokratischer Ideen ermöglicht. 8. Das
Justizwesen soll im Einklang mit den Grundsätzen der Demokratie, des
Rechtsschutzes durch Gesetze und gleiche Rechte für alle Bürger ohne
Ansehen der Rasse, der Nationalität oder des Glaubensbekenntnisses
umgestaltet werden. 9. Die Verwaltung Deutschlands soll auf eine
politische Dezentralisierung und den Aufbau von verantwortungsbewussten
örtlichen Verwaltungsstellen gerichtet sein. Zu diesem Zwecke (I) sollen
so schnell dies mit den Erwägungen der militärischen Sicherheit und den
Zwecken der militärischen Besetzung zu vereinbaren ist, überall in
Deutschland örtliche Verwaltungskörper, die vom Volke selbst auf
demokratischer Grundlage und vor allem durch Wahlkörperschaften gebildet
sind, wiederhergestellt werden; (II) sollen überall in Deutschland alle
demokratischen politischen Parteien, deren Mitglieder das Recht der
Versammlung und der freien öffentlichen Meinungsäusserung geniessen,
erlaubt und gefördert werden; (III) sollen die Grundsätze der
Volksvertretung und des Wahlrechts so schnell in den Bezirks-, Provinzial-
und Staats- (Landes-) Verwaltungen eingeführt werden, wie dies durch ihre
erfolgreiche Anwendung in den örtlichen, vom Volke selbst gebildeten
Verwaltungskörpern gerechtfertigt ist; (IV) soll im gegenwärtigen
Zeitpunkt keine deutsche Zentralregierung gebildet werden.
Nichtsdestoweniger sollen unter der Leitung von Staatssekretären deutsche
zentrale Verwaltungsbehörden auf bestimmten wichtigen Gebieten geschaffen
werden, namentlich auf dem Gebiete des Finanz-, Verkehrs- und
Nachrichtenwesens, ferner des Aussenhandels und der Industrie. Diese
Behörden werden unter der Leitung des Kontrollausschüsses stehen. 10.
Vorbehaltlich der Notwendigkeit, die militärische Sicherheit
aufrechtzuerhalten, sollen Rede-, Presse- und Religionsfreiheit
hergestellt und die Achtung vor religiösen Anstalten und Organisationen
gewahrt werden. Ebenfalls vorbehaltlich der Aufrechterhaltung der
militärischen Sicherheit soll die Bildung freier Handelsgewerkschaften
erlaubt werden.
B. Wirtschaftliche Grundlinien. 11. Um
Deutschlands Stärke als Militärmacht zu zerstören, soll die Erzeugung
von Waffen, Munition und Gegenständen des militärischen Bedarfs sowie
aller Arten von Flugzeugen und seetüchtigen Schiffen verboten und
verhindert werden. Die Produktion von Metallen, Chemikalien, Maschinen und
anderen Gütern, die für eine Kriegswirtschaft unmittelbar notwendig
sind, soll einer strengen Kontrolle unterliegen und, um den in Absatz 15
dargelegten Zielen zu entsprechen, auf die Deckung des Bedarfs
Deutschlands, soweit dies bewilligt wurde, während des auf den Krieg
folgenden Friedens beschränkt werden. Betriebe, die für eine Erzeugung
im Rahmen des erlaubten Masses nicht benötigt werden, sind gemäss dem
von der Alliierten Reparationskommission empfohlenen und von den in
Betracht kommenden Regierungen genehmigten Plan ins Ausland zu
überführen oder, falls dies nicht geschieht, zu zerstören. 12. Die
deutsche Wirtschaft soll so bald wie möglich dezentralisiert werden, um
die gegenwärtig bestehende übermässige Konzentrierung wirtschaftlicher
Machtmittel zu beseitigen, wie sie namentlich in Kartellen, Syndikaten,
Trusts und anderen monopolistischen Abkommen zum Ausdruck gebracht wird.
13. Bei der Organisierung der deutschen Wirtschaft ist das Hauptgewicht
auf die Entwicklung der Landwirtschaft und der einheimischen, für
friedliche Zwecke arbeitenden Industrien zu legen 14. Während der Dauer
der Besetzung soll ganz Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit
behandelt werden. Zu diesem Zwecke sollen allgemeingültige Richtlinien
aufgestellt werden, die die folgenden Gebiete betreffen: (a) Bergbau,
industrielle Erzeugung und Industriequoten; (b) Land- und Forstwirtschaft
und Fischereiwesen; (c) Löhne, Preise und Rationierung; (d) Einfuhr- und
Ausfuhrpläne für ganz Deutschland; (e) Währung, Bankwesen, zentrale
Besteuerung und Zölle; (f) Reparationen und Überführung von
Rüstungsbetrieben ins Ausland; (g) Verkehrs- und Nachrichtenwesen. Bei
der Durchführung dieser Richtlinien soll, wo dies angebracht ist, auf die
örtlichen Verhältnisse Rücksicht genommen werden. 15. Eine Kontrolle
der Alliierten soll der deutschen Wirtschaft nur auferlegt werden, soweit
dies notwendig ist, (a) um das Programm der industriellen Entwaffnung und
Entmilitarisierung und der erlaubten Einfuhr und Ausfuhr durchzuführen.
(b) um die Lieferung und Aufrechterhaltung der Dienst- und Sachleistungen
zu gewährleisten, die erforderlich sind, um die Bedürfnisse der
Besatzungstruppen und der heimatlosen Personen in Deutschland zu
befriedigen, und die wesentlich sind, um in Deutschland einen
durchschnittlichen Lebensstandard aufrechtzuerhalten, der nicht höher als
der durchschnittliche Lebensstandard der europäischen Länder ist (als
europäische Länder sind alle Länder Europas mit Ausnahme des
Vereinigten Königreiches und der Union der Sozialistischen
Sowjetrepubliken anzusehen); (c) um auf die durch den Kontrollausschuss
bestimmte Weise eine gerechte Verteilung der wichtigen Güter unter den
verschiedenen Zonen vorzunehmen, so dass überall in Deutschland ein
wirtschaftliches Gleichgewicht hergestellt und der Einfuhrbedarf
verringert wird: (d) um eine Oberaufsicht über die deutsche Industrie und
alle wirtschaftlichen und finanziellen Transaktionen auszuüben,
einschliesslich der Ausfuhr und Einfuhr,
so dass Deutschland am Aufbau einer
Kriegsmacht verhindert wird und die übrigen in diesem Dokument
angeführten Ziele erreicht werden; (e) um eine Kontrolle aller deutschen
öffentlichen und privaten wissenschaftlichen Körperschaften,
Organisationen zur Durchführung von Untersuchungen und Experimenten,
Laboratorien usw. auszuüben, die mit dem Wirtschaftsleben in Zusammenhang
stehen. 16. Bei der Schaffung und Durchführung der durch den
Kontrollausschuss beschlossenen Aufsicht ist ein deutscher
Verwaltungsapparat zu bilden: die deutschen Behörden sollen aufgefordert
werden, im Rahmen des Möglichen das Bestehen der Aufsicht bekanntzugeben
und sie zu übernehmen. Auf diese Weise soll dem deutschen Volke
klargemacht werden, dass die Verantwortung für die Handhabung der
Aufsicht und für jedes bei ihr vorkommende Versagen dem Volke selbst
zufällt. Jede deutsche Aufsichtstätigkeit die im Widerspruch zu den
durch die Besetzung zu erreichenden Zielen steht, wird verboten werden.
17. Es sollen unverzüglich Massnahmen getroffen werden, um (a)
wesentliche Instandsetzungsarbeiten der Verkehrsmittel durchzuführen; (b)
die Kohlenerzeugung zu erhöhen; (c) die landwirtschaftliche Erzeugung auf
ihren Höchststand zu bringen; (d) Notstandsarbeiten im Wohnwesen und bei
lebenswichtigen Betrieben vorzunehmen 18. Der Kontrollausschuss soll die
geeigneten Massnahmen treffen, um eine Aufsicht und ein Verfügungsrecht
über Auswärtige deutsche Vermögenswerte auszuüben, soweit diese noch
nicht der Aufsicht von Mitgliedern der Vereinten Nationen unterliegen, die
am Kriege gegen Deutschland teilgenommen haben 19. Die Zahlung von
Reparationen soll dem deutschen Volk genügend Mittel lassen, um ihm ein
Auskommen ohne fremde Hilfe zu ermöglichen. Bei den Plänen für die
Herstellung eines wirtschaftlichen Gleichgewichts in Deutschland sind die
notwendigen Mittel für eine Bezahlung der vom Kontrollausschuss in
Deutschland genehmigten Einfuhr vorzusehen. Der Erlös aus der Ausfuhr der
laufenden Erzeugung und der vorhandenen Güter soll in erster Linie für
die Bezahlung dieser Einfuhr zur Verfügung gestellt werden. Die obige
Klausel bezieht sich nicht auf die in Absatz 4 (A) und 4 (B) des
Reparationsabkommens erwähnten Anlagen und Güter.
IV. Deutschlands Reparationen im Einklang mit
der auf der Krim-Konferenz (87 A) getroffenen Entscheidung, wonach
Deutschland gezwungen werden soll, eine möglichst vollständige
Entschädigung für die Verluste und die Not zu leisten, die es den
Vereinten Nationen verursacht hat und für die das deutsche Volk sich
seiner Verantwortlichkeit nicht entziehen kann, ist das nachstehende
Reparationsabkommen getroffen worden: 1. Reparationsansprüche der UdSSR
sollen durch Überführung von Sachwerten aus der von der UdSSR besetzten
Zone in Deutschland und durch für diesen Zweck bestimmte ausländische
Vermögenswerte Deutschlands gedeckt werden. 2. Die UdSSR übernimmt die
Befriedigung der Reparationsansprüche Polens aus ihrem eigenen Anteil an
den Reparationen 3. Die Reparationsansprüche der Vereinigten Staaten, des
Vereinigten Königreiches und anderer Staaten, die Anspruch auf
Reparationen haben, sollen aus den westlichen Zonen und durch für diesen
Zweck bestimmte ausländische Vermögenswerte Deutschlands gedeckt werden.
4. Ausser den Reparationen, die die UdSSR aus ihrer eigenen Besetzungszone
erhalten soll, soll sie noch aus den westlichen Zonen erhalten: (A) 15
Prozent der vollständigen, verwendbaren maschinellen Anlagen, namentlich
der metallurgischen, ehelichen und Maschinenbauindustrie, die für die
deutsche Wirtschaft im Frieden nicht notwendig sind und aus den westlichen
Zonen überführt werden sollen, und zwar im Austausch gegen entsprechende
Werte an Nahrungsmitteln, Kohlen, Pottasche, Zink, Bauholz, Tonwaren,
Petroleumprodukten und anderen Gütern, über die eine Einigung erzielt
wird. (B) 10 Prozent der maschinellen Anlagen, die für die deutsche
Wirtschaft im Frieden nicht notwendig sind und aus den westlichen Zonen
überführt werden sollen, und zwar sollen diese Lieferungen an die
Sowjetregierung auf Reparationskonto ohne Bezahlung oder Gegenleistung
irgendwelcher Art erfolgen. Die unter (A) und (B) vorgesehene
Überführung von industriellen Anlagen soll gleichzeitig vorgenommen
werden. 5. Die Menge der aus den westlichen Zonen für Reparationszwecke
zu überführenden industriellen Anlagen muss spätestens innerhalb von
sechs Monaten, von heute an gerechnet, festgestellt werden. 6. Die
Überführung von maschinellen Anlagen soll so bald wie möglich beginnen
und innerhalb von zwei Jahren vom Zeitpunkt der in Absatz 5 erwähnten
Feststellung an beendet sein. Die Lieferung der unter 4 (A) angeführten
Güter soll so bald wie möglich beginnen und von der UdSSR in
vereinbarten Teillieferungen innerhalb von fünf Jahren, von heute an
gerechnet, durchgeführt werden. Die Bestimmung der Menge und der Natur
der maschinellen Anlagen, die für die Wirtschaft Deutschlands im Frieden
nicht notwendig und daher für Reparationen verfügbar sind, soll vom
Kontrollausschuss unter Teilnahme Frankreichs gemäss den von der
Alliierten Reparationskommission (282 A) festgelegten Richtlinien
vorgenommen werden, und zwar vorbehaltlich der Genehmigung des
Befehlshabers der Zone, aus der die Anlagen entfernt werden sollen. 7. Vor
der Feststellung der Gesamtmenge der zu entfernenden Anlagen sollen im
voraus Lieferungen von solchen Anlagen vorgenommen werden, die für eine
Lieferung gemäss dem im letzten Satz von Absatz 6 vorgesehenen Verfahren
in Betracht kommen. 8. Die Sowjetregierung leistet auf alle
Reparationsansprüche auf einen Anteil an deutschen Unternehmungen in den
westlichen Besetzungszonen in Deutschland Verzicht, ferner auf
Reparationsansprüche auf deutsche Vermögenswerte in allen Ländern mit
Ausnahme der in Absatz 9 genannten. 9. Die Regierungen des Vereinigten
Königreiches und der Vereinigten Staaten von Amerika leisten auf
Reparationsansprüche auf einen Anteil an deutschen Unternehmungen in der
östlichen Besatzungszone in Deutschland Verzicht, ferner auf deutsche
Vermögenswerte in Bulgarien, Finnland, Ungarn, Rumänien und dem
östlichen Teile Österreichs 10. Die Sowjetregierung erhebt keinen
Anspruch auf das von den Alliierten Truppen in Deutschland erbeutete Gold.
V. Verfügung über die deutsche Kriegs- und
Handelsflotte. Die Konferenz hat ein grundsätzliches Einverständnis
über die Massnahmen erzielt, die bezüglich der Verwendung der von
Deutschland ausgelieferten Kriegs- und Handelsflotte und der Verfügung
über sie zu treffen sind. Es wurde beschlossen, dass die drei Regierungen
Sachverständige bestellen, die in gemeinsamer Arbeit die Einzelheiten
ausarbeiten, um die vereinbarten Grundlinien in die Tat umzusetzen. Eine
weitere gemeinsame Erklärung wird nach angemessener Frist von den drei
Regierungen gleichzeitig veröffentlicht werden.
VI. Die Stadt Königsberg und benachbarte
Gebiete. Die Konferenz hat einen von der Sowjetregierung unterbreiteten
Vorschlag geprüft, wonach bis zur endgültigen Regelung der Gebietsfragen
beim Friedensschluss derjenige Teil der Westgrenze der Union der
Sozialistischen Sowjet-Republiken, der an die Ostsee anstösst, von einem
Punkt an der Ostküste der Danziger Bucht in östlicher Richtung,
nördlich von der Linie Braunsberg -- Goldap, bis zum Zusammenstoss der
Grenzen von Litauen, der Polnischen Republik und Ostpreussen verlaufen
soll. Die Konferenz hat sich grundsätzlich mit dem Vorschlag der
Sowjetregierung einverstanden erklärt, wonach die Stadt Königsberg und
die benachbarten, oben beschriebenen Gebiete vorbehaltlich der Prüfung
des tatsächlichen Verlaufs der Grenze durch Sachverständige endgültig
an die Sowjetunion übertragen werden sollen. Der Präsident der
Vereinigten Staaten und der britische Ministerpräsident haben erklärt,
dass sie den Vorschlag der Konferenz bei den künftigen
Friedensverhandlungen unterstützen werden.
VII. Kriegsverbrecher. Die drei Regierungen
haben Kenntnis von den Besprechungen genommen, die während der
vergangenen Wochen in London zwischen Vertretern Englands, der Vereinigten
Staaten, Sowjetrusslands und Frankreichs geführt worden sind (286 F, 262
C, 251 D) um ein Einverständnis über die Art der Prozessführung bei
denjenigen hauptsächlichen Kriegsverbrechern zu erzielen, deren
Verbrechen nicht an ein bestimmtes geographisches Gebiet im Sinne der
Moskauer Erklärung vom Oktober 1943 (70 G) gebunden sind. Die drei
Regierungen verleihen erneut ihrer Absicht Ausdruck, diese Verbrecher
schnell der Gerechtigkeit zu überantworten. Sie hoffen, dass die Londoner
Verhandlungen schnell zu einem diesbezüglichen Einverständnis führen
werden, und sie betrachten es als überaus wichtig, dass der Prozess gegen
die hauptsächlichen Verbrecher so früh wie möglich beginnt. Die erste
Liste der Angeklagten wird vor dem 1. September veröffentlicht werden.
VIII. Österreich. Die Konferenz hat einen
Vorschlag der Sowjetregierung geprüft, wonach die Machtbefugnisse der
provisorischen Regierung Österreichs auf ganz Österreich erstreckt
werden sollen. Die drei Regierungen haben sich über ihre Bereitwilligkeit
geeinigt, diese Frage nach dem Einmarsch britischer und amerikanischer
Streitkräfte in Wien (342 A) einer Prüfung zu unterziehen.
IX. Polen. Die Konferenz hat über Fragen
beraten, die sich auf die provisorische Regierung Polens und die polnische
Westgrenze beziehen. In bezug auf die provisorische Regierung Polens haben
sie ihrer Haltung in der nachstehenden Erklärung Ausdruck verliehen: A.
Wir haben mit Genugtuung von dem Übereinkommen Kenntnis genommen, das
zwischen massgebenden Vertretern aus Polen und aus dem Auslande erzielt
worden ist (285 A) und das im Einklang mit den auf der Krim-Konferenz (87
A) gefassten Beschlüssen die Bildung einer Provisorischen Regierung der
Nationalen Einheit in Polen ermöglicht hat (299 H), die von den drei
Mächten anerkannt wird. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu der
Provisorischen Regierung Polens hat zur Zurückziehung ihrer Anerkennung
der früheren, jetzt nicht mehr bestehenden polnischen Regierung in London
geführt. Die britische und die amerikanische Regierung haben Massnahmen
getroffen, um das Interesse der provisorischen Regierung Polens als der
anerkannten Regierung des polnischen Staates an den Vermögenswerten zu
schätzen, die dem polnischen Staate gehören und in ihren Gebieten liegen
und Ihrer Kontrolle unterstehen, ohne Rücksicht auf die Natur dieser
Vermögenswerte. Sie haben ferner Massnahmen getroffen, um die Aneignung
solcher Vermögenswerte durch Dritte zu verhindern. Der provisorischen
Regierung Polens wird jede Möglichkeit geboten werden, um die üblichen
Rechtsmittel zur Wiedererlangung unrechtmässig angeeigneter
Vermögenswerte anzuwenden, die dem polnischen Staate gehören. Die drei
Mächte sind bestrebt, die provisorische Regierung Polens darin zu
unterstützen, die möglichst baldige Rückkehr aller Polen im Auslande,
die eine solche Rückkehr wünschen, einschliesslich der polnischen
Streitkräfte (302 B) und der Angehörigen der Handelsflotte, zu
erleichtern. Sie erwarten, dass den Polen, die in ihre Heimat
zurückkehren, die gleichen persönlichen und Eigentumsrechte wie allen
polnischen Bürgern eingeräumt werden. Die drei Mächte nehmen davon
Kenntnis, dass die provisorische Regierung Polens in Übereinstimmung mit
den auf der Krim-Konferenz getroffenen Entscheidungen ihre Zustimmung dazu
gegeben hat, tunlichst bald freie, unbehinderte, allgemeine und geheime
Wahlen abzuhalten, bei denen alle demokratischen und Antinaziparteien das
Recht der Teilnahme und der Aufstellung von Kandidaten besitzen sollen,
und dass Pressevertreter der Alliierten jede Freiheit geniessen sollen, um
vor und während der Wahlen der Aussenwelt über die Entwicklung der Lage
in Polen Bericht zu erstatten. B. In bezug auf die Westgrenze Polens ist
das nachstehende Abkommen getroffen worden: In Übereinstimmung mit dem
auf der Krim-Konferenz über Polen getroffenen Abkommen haben die drei
Regierungschefs der Provisorischen Regierung der Nationalen Einheit in
Polen bezüglich der im Norden und Westen liegenden Gebiete, die Polen
zugewiesen erhalten soll, um ihre Meinung ersucht. Der Präsident des
Nationalrats Polens und Mitglieder der Provisorischen Regierung der
Nationalen Einheit in Polen sind auf der Konferenz empfangen worden und
haben ihre Ansichten ausführlich dargelegt. Die drei Regierungschefs
geben erneut ihrer
Ansicht Ausdruck, dass die endgültige
Festsetzung der Westgrenze Polens einer Regelung in den Friedensverträgen
vorbehalten bleiben soll. Die drei Regierungschefs stimmen darin überein,
dass bis zur endgültigen Regelung der Westgrenze Polens die folgenden
Gebiete der Verwaltung des polnischen Staates unterstellt und als solche
nicht als ein Teil der sowjetischen Besetzungszone in Deutschland
angesehen werden sollen: die früheren deutschen Gebiete östlich der
Linie, die von der Ostsee unmittelbar westlich von Swinemünde der Oder
bis zu ihrem Zusammenfluss mit der westlichen Neisse folgt und dann längs
der westlichen Neisse bis zur tschechoslowakischen Grenze verläuft,
einschliesslich des Teiles von Ostpreussen, der in Übereinstimmung mit
dem auf dieser Konferenz getroffenen Abkommen nicht der Verwaltung der
Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken untersteht, ferner
einschliesslich der früheren Freien Stadt Danzig.
X. Abschluss von Friedensverträgen und
Zulassung zur Organisation der Vereinten Nationen. Die Konferenz hat sich
über die nachstehende Erklärung von gemeinsamen Richtlinien für die
möglichst baldige Schaffung eines auf den Sieg in Europa folgenden
dauernden Friedens geeinigt: Die drei Regierungen erklären es für
wünschenswert, dass die gegenwärtige anomale Stellung (Ende von 362 A/I)
Italiens, Bulgariens, Finnlands, Ungarns und Rumäniens durch den
Abschluss von Friedensverträgen beendet wird. Sie geben ihrer Zuversicht
Ausdruck, dass die anderen beteiligten alliierten Regierungen sich dieser
Ansicht anschliessen werden. Die drei Regierungen haben ihrerseits dem
neugebildeten Rate der Aussenminister die Vorbereitung eines
Friedensvertrages mit Italien als die erste der von ihm zu erfüllenden
Aufgaben von unmittelbarer Wichtigkeit überwiesen. Italien hat als erste
der Achsenmächte seine Bindungen mit Deutschland gelöst (17 J) und
wesentlich zum Siege über Deutschland beigetragen; es hat sich jetzt den
Alliierten in ihrem Kampfe gegen Japan angeschlossen (323 B). Italien hat
sich von der faschistischen Herrschaft befreit und auf dem Wege zur
Wiederherstellung einer demokratischen Regierung und zur Schaffung
demokratischer Lebensformen gute Fortschritte erzielt. Der Abschluss eines
solchen Friedensvertrages mit einer anerkannten, demokratischen Regierung
Italiens wird den drei Regierungen die Erfüllung ihres Wunsches
ermöglichen, einen Antrag Italiens auf Zulassung zur Mitgliedschaft in
den Vereinten Nationen zu unterstützen. Die drei Regierungen haben dem
Rate der Aussenminister ferner aufgetragen, Friedensverträge mit
Bulgarien, Finnland, Ungarn und Rumänien vorzubereiten. Der Abschluss von
Friedensverträgen mit anerkannten, demokratischen Regierungen in diesen
Staaten wird es ebenfalls den drei Regierungen ermöglichen, Anträge auf
Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen zu unterstützen. Die drei
Regierungen stimmen darin überein, unabhängig voneinander in naher
Zukunft nach Massgabe der dann herrschenden Verhältnisse die Möglichkeit
der Herstellung diplomatischer Beziehungen zu Finnland, Rumänien,
Bulgarien und Ungarn insoweit einer Prüfung zu unterziehen, wie dies vor
dem Abschluss von Friedensverträgen mit diesen Ländern möglich ist. Die
drei Regierungen zweifeln nicht daran, dass in Anbetracht der durch das
Ende des Krieges in Europa bedingten Änderung der Verhältnisse die
Pressevertreter der Alliierten jede Freiheit geniessen werden, um der
Aussenwelt über die Entwicklung der Lage in Rumänien, Bulgarien, Ungarn
und Finnland Bericht zu erstatten. Bezüglich der Zulassung anderer
Staaten zur Organisation der Vereinten Nationen erklärt Artikel 4 der
Charta der Vereinten Nationen (es folgt der Artikel 4, siehe Wortlaut 289
C). Die drei Regierungen werden gegebenenfalls einen Antrag auf Zulassung
zur Mitgliedschaft bei den Staaten unterstützen, die während des Krieges
neutral geblieben sind und die oben dargelegten Bedingungen erfüllen.
Indessen fühlen sich die drei Regierungen verpflichtet, ihren Standpunkt
klarzumachen, dass sie ihrerseits keinen Antrag auf Mitgliedschaft seitens
der gegenwärtigen spanischen Regierung befürworten werden, die mit Hilfe
der Achsenmächte gebildet worden ist und in Anbetracht ihres Ursprungs,
ihres Charakters, ihres Verhaltens in der Vergangenheit und ihrer engen
Verbundenheit mit den Angreifermächten nicht die Eigenschaften besitzt,
um eine solche Mitgliedschaft zu rechtfertigen (siehe hierzu: 279 A).
XI. Gebietstreuhänderschaften. Die Konferenz
hat einen Vorschlag der Sowjetregierung geprüft, der sich auf eine zu
treuen Händen übertragene Gebietshoheit gemäss der in dem Beschluss der
Krim-Konferenz und in der Charta der Organisation der Vereinten Nationen
enthaltenen Definition bezieht (289 C/XIXIII, 279 A/2). Nach einem
Austausch von Ansichten über diese Frage ist beschlossen worden, dass die
Verfügung über alle früheren italienischen Gebiete im Zusammenhang mit
der Vorbereitung eines Friedensvertrages mit Italien entschieden werden
soll, ferner, dass die Frage des Gebiets Italiens bei der im September
stattfindenden Tagung des Rates der Aussenminister zu behandeln ist.
XII. Revision des Verfahrens des Alliierten
Kontrollausschüsses in Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Die drei
Regierungen haben davon Kenntnis genommen, dass die sowjetrussischen
Vertreter im Alliierten Kontrollausschuss in Rumänien, Bulgarien und
Ungarn nach dem nunmehrigen Ende der Feindseligkeiten in Europa ihren
englischen und amerikanischen Kollegen Vorschläge zwecks Verbesserung der
Tätigkeit des Kontrollausschüsses unterbreitet haben. Die drei
Regierungen sind dahin übereingekommen, dass eine Revision des Verfahrens
der Alliierten Kontrollausschüsse in diesen Ländern nunmehr vorgenommen
werden soll, wobei das Interesse und die Verantwortlichkeit der drei
Regierungen, die gemeinsam den betreffenden Staaten die
Waffenstillstandsbedingungen überreicht haben, in Betracht gezogen und
die von ihnen angenommenen Vorschläge als Grundlage angesehen werden
sollen.
XIII. Geregelte Überführung der deutschen
Bevölkerung. Die Konferenz hat bezüglich der Ausweisung von Deutschen
aus Polen, der Tschechoslowakei (332 E) und Ungarn das nachstehende
Abkommen getroffen: Die drei Regierungen haben die Frage von allen Seiten
erwogen und sind zu der Ansicht gelangt, dass eine Überführung der
deutschen Bevölkerung oder deutscher Bevölkerungselemente, die in Polen,
der Tschechoslowakei und Ungarn geblieben sind, nach Deutschland
vorgenommen werden muss. Sie sind sich darüber einig, dass diese
Überführung auf eine geregelte und menschliche Weise erfolgen soll. Da
der Zustrom von grossen Mengen von Deutschen nach Deutschland die bereits
auf den Besatzungsbehörden ruhenden Lasten vergrössern würde, sind die
drei Regierungen der Ansicht, dass zunächst der Alliierte
Kontrollausschuss in Deutschland das Problem unter besonderer
Berücksichtigung der angemessenen Verteilung dieser Deutschen auf die
verschiedenen Besetzungszonen prüfen soll. Demgemäss erteilen sie ihren
Vertretern im Kontrollausschuss den Auftrag, so bald wie möglich ihren
Regierungen über das Ausmass Bericht zu erstatten, in dem solche Personen
bereits aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn nach Deutschland
gekommen sind, und eine schätzungsweise Angabe der Zeitspanne und des
Umfangs zu unterbreiten, in denen weitere Überführungen unter
Berücksichtigung der gegenwärtigen Verhältnisse in Deutschland
ausgeführt werden können. Die tschechoslowakische Regierung, die
provisorische Regierung Polens und der Kontrollausschuss in Ungarn werden
gleichzeitig hiervon in Kenntnis gesetzt und angewiesen, inzwischen
weitere Ausweisungen einzustellen, bis die beteiligten Regierungen den
Bericht ihrer Vertreter im Kontrollausschuss geprüft haben.
XIV. Militärische Besprechungen. Während
der Konferenz haben Besprechungen der Chefs der Generalstäbe über
militärische Fragen stattgefunden, an denen ein gemeinschaftliches
Interesse vorlag.
Genehmigt: J V. Stalin, Harry S. Truman, C.
R. Attlee.
Aus: Archiv
der Gegenwart, Siegler & Co Verlag Königswinter 1998, 02.08.1945/00344
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