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CIA-Bericht zum
Schweinebucht-Fiasko auf Kuba

Nach langer Geheimhaltung veröffentlichte Selbstkritik

In einem nach 36 Jahren Geheimhaltung veröffentlichten Bericht fällt die CIA ein äusserst hartes Urteil über die von ihr geleitete Invasion in der kubanischen Schweinebucht, mit der das Regime Fidel Castro hätte zu Fall gebracht werden sollen. Für den Misserfolg macht der Bericht Arroganz, Ignoranz und Inkompetenz in den eigenen Reihen verantwortlich.

U. Sd. Washington, 23. Februar

36 Jahre nach seiner Erstellung ist dieser Tage der offizielle Bericht der Central Intelligence Agency (CIA) über das Fiasko der Invasion in der Schweinebucht von der Geheimhaltung befreit und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Der Bericht wurde 1962 im Auftrage der Administration Kennedy vom damaligen Generalinspektor der CIA, Lyman Kirkpatrick, geschrieben und untersucht die Ursachen der verheerenden Niederlage, welche die von CIA-Beamten geleitete, hauptsächlich aus Kubanern bestehende Freiwilligenarmee im April 1961 gegen die revolutionären Truppen Fidel Castros erlitt. Freigegeben wurde das Dokument auf der Basis der Freedom of Information Act, es befindet sich heute im Besitz des National Security Archive,* das von der Geheimhaltung befreite Dokumente sammelt und publiziert. Vom Bericht Kirkpatricks wurden damals mehrere Exemplare angefertigt; laut Angaben des National Security Archive hat lediglich ein einziges überlebt.

Verachtete Freiwillige

Kirkpatrick, der ein halbes Jahr an dem Bericht gearbeitet hatte, kam zum Schluss, die als geheim geplante Aktion der CIA sei «lächerlich oder tragisch, oder beides» gewesen, und zählt eine fast endlose Reihe von Fehlern und Versäumnissen auf. Die CIA-Offiziere, welche die Aktion leiteten, sprachen nur zu einem geringen Teil Spanisch, behandelten aber gleichzeitig die ihnen untergebenen Freiwilligen «wie Dreck». Die Agentur habe die Aktion zunächst als klassische Geheimoperation geplant und gehofft, mit der Einschleusung von antikommunistischen Untergrundagenten einen Volksaufstand gegen Castro auszulösen. Die CIA täuschte sich selber und das Weisse Haus mit der Annahme, die Invasion werde in Kuba eine rund 30 000 Personen zählende Widerstandsorganisation in Bewegung bringen. Dies sei reines Wunschdenken gewesen, heisst es in dem Bericht. Es habe in der CIA überhaupt keine Planung für eine derartige Bewegung gegeben.

Getragen von diesen und anderen Illusionen, verselbständigte sich das Projekt der Landung rasch, und nach kurzer Zeit wusste die CIA laut Kirkpatrick gar nicht mehr genau, was sie eigentlich tat. Das Budget wuchs von 4,4 Millionen auf 46 Millionen Dollar an. Die Freiwilligenarmee war im Grunde ein Trupp schlecht ausgebildeter, undisziplinierter und mangelhaft versorgter Söldner, eine Einheit zudem, über deren Existenz und Absichten es in der Öffentlichkeit längst keine Zweifel mehr geben konnte.

Ein plausibles Dementi der amerikanischen Beteiligung an der Invasion wäre, so Kirkpatrick, nach all den Medienberichten über die Truppe eine «lächerliche Illusion» gewesen. Der mit exilkubanischen Freiwilligen bestückte «Revolutionäre Rat», den die CIA kreierte, wurde zu einer Marionette der CIA. Die Kubaner warteten in einer geschlossenen Anlage in Miami auf ihren Einsatz, ungenügend informiert und schlecht behandelt, während die Agentur in ihrem Namen Bulletins veröffentlichte, von denen sie nichts wussten.

Risikoreiches Spiel

Präsident Kennedy war erst drei Monate im Amt, als die Invasion stattfand, und Kirkpatrick ist der Ansicht, die CIA habe es unterlassen, ihm mitzuteilen, dass die Aussichten auf einen Erfolg gering geworden waren. Pflicht der CIA wäre es laut Kirkpatrick gewesen, dem Präsidenten zur Absage der Aktion zu raten. Statt dessen habe man sich auf ein Spiel eingelassen, das man nicht habe gewinnen können, und deshalb seien Mitte April fast 1500 Soldaten getötet oder gefangengenommen worden. CIA-interne Kritiker haben Kirkpatrick vorgeworfen, er sei bei der Erstellung dieses Berichts von bösem Willen und Rachsucht geleitet gewesen, weil er bei einer Beförderung übergangen wurde. Nach ihrer Darstellung hat Kennedy selber den Erfolg der Aktion verunmöglicht, und zwar dadurch, dass er die Einstellung der von der CIA erfolgreich begonnenen Luftschläge gegen die Luftwaffe Castros befahl. Kirkpatricks Bericht widerlegt diese These nicht, relativiert aber ihren Wert beträchtlich. Stellt man die eklatanten Fehler in Rechnung, die begangen wurden, ist nicht anzunehmen, dass die CIA damals unter anderen Umständen reüssiert hätte. Kirkpatrick schloss seinen Bericht mit der Empfehlung, in Zukunft derartige Operationen dem besser ausgerüsteten Pentagon zu überlassen – ein Rat, der, wie man weiss, nicht immer beherzigt wurde.

* Im Internet ist der Bericht auf der Homepage des Archivs unter http://www.seas.gwu.edu/nsarchive abrufbar.

Aus: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 45, 24.02.98, Ausland, CIA-Bericht zum Schweinebucht-Fiasko auf Kuba

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