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Konstruktion des regulären Fünfecks mit dem
"rostigen Zirkel" (rusty compass), Variante 1

nach Alfred Hoehn, 3/2003

Die hier vorliegende Methode zur Konstruktion eines regulären Fünfecks unter Zuhilfenahme eines rostigen Zirkels und eines Lineals wurde uns mit freundlicher Genehmigung von Alfred Hoehn zur Verfügung gestellt. Die Originalversion kann auf  Alfred Hoehns persönlicher Webseite nachgelesen werden und zwar unter http://www.alfredhoehn.ch/Compass_Index.htm.

Hoehns Methode bedient sich der Eigenschaft, dass die Mittelparallele eines gleichseitigen Dreiecks von den Dreiecksseiten und dem Umkreis im Goldenen Schnitt geschnitten wird. Entdeckt wurde diese Tatsache vermutlich 1980 von George Odom. Albrecht Beutelspacher beschrieb den Goldenen Schnitt im gleichseitigen Dreieck erstmals in der deutschen Literatur [1].

Abbildung 1 zeigt die Odom'sche Konstruktion des Goldenen Schnittes in einem gleichseitigen Dreieck. Gemäss dem Goldenen Schnitt gilt das Verhältnis bzw. , wobei . Dass dem tatsächlich so ist, lässt sich anhand von Abbildung 2 nachvollziehen. Es sei K der Mittelpunkt des Umkreises und der Radius r = GK. Für den Radius des Inkreises gilt dann KL = r/2. Der kleinste Kreis habe einen Radius von r/4.
 

Abb. 1

Abb. 2

 
Als erstes berechnen wir die Strecken HL und GH mit Hilfe des Satzes von Pythagoras.

Nun gilt es zu überprüfen, ob die Bedingung des Goldenen Schnittes erfüllt ist.


 

Die Konstruktion des Fünfecks

Als erstes müssen wir das rechtwinklige Dreieck GKH von vorhin konstruieren, welches die Proportion Hypotenuse zu kleiner Kathete gleich 4:1 erfüllt. Dazu zeichnen wir eine Gerade a. Nun gilt es, den Kreisradius festzulegen, den wir die gesamte Konstruktion hindurch beibehalten werden. Die Öffnung unseres "rostigen Zirkels" wird später genau der Seitenlänge des zu konstruierenden Fünfecks entsprechen.

Der erste Schritt besteht darin, eine Senkrechte auf a zu konstruieren. Dazu benötigen wir zwei Hilfspunkte B und B', die von der Geraden a aus über zwei Kreisbögen ermittelt werden können. Die Gerade durch B und B' schneidet a im Punkt A. Indem wir einen Kreis um A schlagen, erhalten wir den Schnittpunkt D mit der Senkrechten auf A.

Des weiteren benötigen wir eine Mittelsenkrechte b auf die Strecke AD und ziehen deshalb einen Kreisbogen um D und schneiden ihn mit dem Kreis um A. Es resultieren die Punkte E und F. Wir wiederholen diesen Schritt mit der Strecke AC und konstruieren die Mittelsenkrechte c, welche uns die Punkte G und H liefert. Nun legen wir eine Gerade durch G und A und schneiden diese mit dem Kreis um A. Dies ergibt K. Das Dreieck GKH ist nun das angestrebte rechtwinklige Dreieck, dessen Seiten GH und HK sich wie 4:1 verhalten. Was wir bisher konstruiert haben, ist in Abbildung 3 zusammengefasst.
 

Abb. 3

 
In einem nächsten Schritt ziehen wir einen Kreis um K und erhalten die Schnittpunkte L und M mit der Geraden c. Der Vergleich mit Abbildung 1 und 2 ergibt: . Wir haben somit den Goldenen Schnitt konstruiert, der unumgänglich ist bei der Konstruktion eines regulären Fünfecks.

Wir ziehen je eine Gerade durch die Punkte K und M sowie durch K und L. Die Strecke KM ist eine erste Seite des gesuchten Fünfecks, M folglich der zweite Eckpunkt.

Nun projizieren wir die Strecke auf der Geraden c, welche den Goldenen Schnitt erfüllt, auf die Gerade durch K und M. Dazu konstruieren wir zunächst eine Parallele zur Geraden KL durch den Punkt G. Eine Möglichkeit, dies mit dem rostigen Zirkel zu bewerkstelligen, geht wie folgt: Wir schlagen einen Kreis um den Punkt G. Von einem der beiden Schnittpunkte des Kreises mit der Geraden durch KL schlagen wir einen Kreisbogen (wir wählen Punkt I). Vom Schnittpunkt des soeben geschlagenen Kreises mit der Geraden KL tragen wir wiederum einen Kreisbogen ab, der den Kreis um G im Punkt J schneidet. Unsere gesuchte Parallele verläuft nun durch G und J. Der Schnittpunkt der Parallelen mit der Geraden durch K und M sei Punkt N. Werfen wir einen kurzen Blick auf die bisherige Konstruktion (Abb. 4):
 

Abb. 4

 
Als nächstes schlagen wir um Punkt N einen Kreisbogen, der geschnitten mit dem Kreis um K den dritten Eckpunkt unseres 5-Ecks ergibt, nämlich O.

Wir sollten uns die Projektion des Goldenen Schnittes auf die Gerade durch K, M und N etwas genauer anschauen. Bezüglich Punkt M gilt nach dem Strahlensatz das Verhältnis ML : LG = MK : KN. Die Strecken MK und KN erfüllen also die Bedingung des Goldenen Schnittes. Darüber hinaus fällt auf, dass das Dreieck KON ein gleichschenkliges Dreieck ist. Die Schenkel NO bzw. KO sind gleich lang wie die Strecke KM. Offensichtlich stehen in diesem Dreieck die Schenkel zur Basis ebenfalls im Goldenen Schnitt. Dem zufolge gilt für den Basiswinkel des gleichschenkligen Dreiecks (z.B. NKO) die folgende Beziehung:

Der Winkel OKM ist somit 180° - 72° = 108°, was genau dem gewünschten Winkel des Fünfecks entspricht. Denn die gesamte Winkelsumme eines regulären Fünfecks ist bekanntlich 540°, der Winkel einer Ecke des Fünfecks hat also eine Öffnung von 540°/5 = 108°.

Im letzten Schritt gilt es, die verbleibenden zwei Ecken des Fünfecks zu konstruieren. Dazu konstruieren wir die Mittelsenkrechte zur Strecke KM, indem wir einen Kreis um M ziehen. Die Mittelsenkrechte geht dann durch die Punkte P und Q. Geschnitten mit einem Kreisbogen um O ergibt sich daraus der vierte Eckpunkt R. Von R tragen wir einen Kreisbogen ab, der den Kreis um M im fünften und letzten Eckpunkt unseres Fünfecks schneidet. Es sei dies der Punkt S. Damit ist unser reguläres Fünfeck KMSRO komplett.
 

Abb. 5

 

Druckversion
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[1] A. Beutelspacher, B. Petrie, Der Goldene Schnitt, Mannheim, 1988, S. 22f

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