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Der
französische Indochinakrieg und die Teilung Vietnams
1887 hatte Frankreich sein Kolonialreich Indochina aus den drei Ländern Vietnam, Laos und Kambodscha gegründet.1 Erst im Verlauf des Zweiten Weltkrieg wurde dieser Kolonialbesitz von Japan erobert. Mit dem Ziel, die Unabhängigkeit Vietnams zu erreichen, gründete der vietnamesische Nationalist Ho Chi Minh in China eine Liga, die vor allem unter ihrer vietnamesischen Abkürzung Viet Minh bekannt war. Auch wenn der Viet Minh während der japanischen Herrschaft mit den westlichen Alliierten kollaborierte, war sein Ziel keineswegs, die französische Herrschaft wiederherzustellen, denn die Franzosen waren in Vietnam nicht mehr willkommen.2 Ho Chi Minh rief bereits am 2. September 1945 die "Demokratische Republik Vietnam"3 aus. Frankreich konnte dies aber nicht ohne weiteres hinnehmen und begründete sein Engagement damit, dass für eine Erholung Frankreichs die wirtschaftliche Kraft der Kolonien absolut notwendig sei. Der Viet Minh, der durch die Unterstützung der nordvietnamesischen Bevölkerung bei der Hungersnot von 1945 grosse Popularität erreicht hatte, war hingegen nicht bereit, eine erneute Besetzung durch Frankreich hinzunehmen. Bereits im September kam es in Saigon zu Aufständen gegen die französische Verwaltung. Auch die im Süden stationierten britischen Truppen, die durch französische ersetzt werden sollten, waren nicht imstande, die Lage unter Kontrolle zu bringen und zogen sich daraufhin zurück. Am 24. September rief der Viet Minh zu einem Generalstreik gegen die Besetzung durch Frankreich aus. "Ein Konflikt wurde unausweichlich."4 Nachdem im Oktober die einmarschierenden französischen Truppen den Belagerungsring der Viet Minh um Saigon durchbrochen hatten und schon fünf Monate später den Süden Indochinas kontrollierten, befand sich Ho Chi Minh, dies nicht zuletzt weil kein Staat das unabhängige Vietnam anerkannte, in der Defensive. Am 6. März 1946 stimmte er deshalb einem Kompromiss zu, in welchem Frankreich berechtigt wurde, 25‘000 Mann im Norden Vietnams zu stationieren. Als Gegenleistung wurde Vietnam im Rahmen einer französischen Union die Unabhängigkeit zugesagt. Dieses Abkommen wurde aber bereits am 31. Mai von den Franzosen wieder gebrochen; der französische Oberbefehlshaber rief im Süden die unabhängige Republik Cochinchina aus.5 Zum Eigentlichen Ausbruch des Krieges kam es schliesslich, als französische Kriegsschiffe am 8. November 1946 Haiphong bombardierten und weitere Verhandlungen scheiterten. Der Viet Minh forderte nun die volle Autonomie. Am 19. Dezember 1946 griffen Truppen der Viet Minh Hanoi an, um "die dortige französische Garnison zu zerschlagen."6 Anfangs waren die Franzosen überrumpelt, sie konnten sich aber fassen und die Angreifer wieder in die Flucht schlagen. Die Franzosen besetzten daraufhin den Präsidentenpalast und über die Region wurde vom französischen Kommandeur das Kriegsrecht verhängt.7 Die Franzosen waren dem Viet Minh trotz besserer Ausrüstung deutlich unterlegen. Entscheidend für den Viet Minh war zudem, dass er nach dem Sieg Mao Tse-tungs in China in den Besitz von erbeuteten amerikanischen Waffen kam. Aus der Guerillatruppe wurde dadurch eine regelrechte Armee.8 "Dies war jener Krieg, in dem reguläre französische Einheiten einen unsichtbaren Feind – die Streitkräfte des Viet Minh – bekämpften, der aus dem Hinterhalt zuschlug, um dann sofort wieder im Dschungel, aus dem er gerade aufgetaucht war, zu verschwinden oder um bei der friedlichen örtlichen Bevölkerung unterzutauchen, von der er nicht zu unterscheiden war."9
Obschon Frankreich von den USA indirekt unterstützt wurde (die finanzielle Unterstützung belief sich bis Ende des Krieges auf 2,5 Milliarden US-Dollar), sah es sich zunehmend in der Defensive. In Bedrängnis wandte sich Frankreich schliesslich an die USA und bat um direkte militärische Unterstützung. Die Amerikaner lehnten aber den Einsatz von Bodentruppen ab und machten Luftangriffe von den Briten abhängig. Diese wiederum verweigerten ein Eingreifen und so sah sich Frankreich am 7. Mai 1954 zur Kapitulation gezwungen.10 In der am 26. April 1954 in Genf eröffneten Indochina-Konferenz unterzeichneten Frankreich und der Viet Minh ein Waffenstillstandsabkommen. Dieses setzte dem nun schon 8jährigen Krieg ein Ende. Der entscheidendste Punkt des Abkommens war sicher die Teilung Vietnams entlang des 17. Breitengrades. Dieser Beschluss kam vor allem zustande, da sowohl Frankreich als auch der Viet Minh ein rasches Ende der Kampfhandlungen wünschten. Dieser Punkt wurde zudem als ausdrücklich provisorisch bezeichnet. Nach spätestens zwei Jahren sollten gesamtvietnamesische Wahlen unter westlicher Kontrolle durchgeführt werden, die über das weitere Schicksal des geteilten Landes entscheiden sollten. Bis dahin wurde der nördliche Teil dem kommunistisch orientierten Viet Minh übergeben, während der Süden unter die bisher von Frankreich gestützte Regierung gestellt wurde.11 Kurz nach der Indochina-Konferenz wurde die Regierung in Südvietnam gestürzt. Der neue antikommunistische Ministerpräsident Ngo Dinh Diem weigerte sich, die freien Wahlen durchzuführen, wobei er von den USA unterstützt wurde. Er verhinderte damit die Wiedervereinigung Vietnams. Zudem öffnete er neue Wege, etwas gegen den kommunistischen Einfluss im Süden zu unternehmen. 1959 geriet Diem aber in ernsthafte Schwierigkeiten, da er Vertreter einer sozial privilegierten katholischen Minderheit in einem buddhistischen Land war und seine Sozial- und Wirtschaftspolitik fehlschlugen. "Die Kommunisten sahen ihre Stunde für einen Revolutionskrieg gekommen."12
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