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Die
Suezkrise
Der weitere Verbleib der Palästinenser blieb auch nach 1948 unsicher. Sie konnten weder nach Israel zurückkehren, noch wurden sie von den arabischen Nachbarstaaten integriert. Aufgrund dieser Entwicklung verschärfte sich der arabisch-israelische Konflikt zusehends. Die Führer der arabischen Welt schlugen angesichts dieses ungelösten Palästinenserproblems einen antiisraelischen und damit antiwestlichen Kurs ein, was die innenpolitische und panarabische Einigung verstärkte. Seit 1954 stand der arabische Nationalismus unter der Führung des ägyptischen Politikers Gamal Abd el Nasser, welcher eine blockfreie Aussenpolitik verfolgte.1 In den 50er Jahren war der Suezkanal so etwas wie die "Lebensader Ägyptens"2, kontrolliert wurde er jedoch von Grossbritannien und Frankreich. Nasser, der 1952 König Faruk I. gestürzt hatte, wollte diesen Altlasten aus der Zeit des Imperialismus ein Ende bereiten. 1954 verpflichtete sich Grossbritannien, seine Truppen binnen 20 Monaten aus der Kanalzone abzuziehen. Alles deutete auf eine friedliche Lösung hin. Als aber der Westen seine Waffenlieferungen und die Finanzhilfe für den Bau des Assuan Staudammes einstellte, arbeitete Nasser fortan mit dem sozialistischen Lager zusammen. Es folgte am 26. Juli 1956 die Verstaatlichung des Suezkanals.3 Zunächst gaben sich Grossbritannien und Frankreich lediglich mit Protesten zufrieden. Als aber die russischen Kräfte durch den Ausbruch des ungarischen Volksaufstandes gebunden waren, reagierten die beiden Hauptaktionäre der Kanalgesellschaft mit der militärischen Intervention in Ägypten.4 Unterstützt wurden sie dabei von Israel, das die freie Durchfahrt für israelische Schiffe durch den Suezkanal und die Strasse von Tiran erzwingen wollte. Wenige Tage nach dem israelischen Eröffnungsangriff an der Sinaifront begannen französische und britische Flugzeuge mit dem Bombardement ägyptischer Flughäfen.5 Am 5. November 1956 landeten schliesslich deren Truppen bei Port Said und Port Fuad, um die Bildung verschiedener Brückenköpfe für die Eroberung der gesamten Kanalzone einzuleiten.6 Innerhalb weniger Tage war Ägypten militärisch besiegt; dennoch ging Nasser als politischer Triumphator aus dem Konflikt hervor. Auf Druck der USA und militärischen Drohungen seitens der Sowjetunion mussten Grossbritannien und Frankreich ihre Truppen zurückziehen. Sowohl die Internationalisierung des Suezkanals wie auch der Sturz Nassers waren misslungen. Im März 1957 musste auch Israel seine Truppen aus dem besetzten Gazastreifen zurückziehen, erreichte aber im Gegenzug, dass die freie Schiffahrt durch die Strasse von Tiran nunmehr von Truppen der Vereinten Nationen sichergestellt wurde.7 Der Suezkanal musste infolge der kriegerischen Auseinandersetzung für den Schiffsverkehr gesperrt werden, er war durch 46 versenkten Schiffe auf unabsehbare Zeit unpassierbar geworden. Der amerikanische Präsident Eisenhower sah sich daraufhin gezwungen, ein Notstandprogramm in die Wege zu leiten, um die Ölversorgung Westeuropas zu gewährleisten. Aber nicht nur der Suezkanal, sondern auch das Ansehen der beiden westeuropäischen Länder hatte durch den Zwischenfall massiven Schaden genommen.8
Die Suezkrise hatte gezeigt, dass die USA wie auch die Sowjetunion die gegnerische Einflusssphäre im Nahen Osten respektierten und demzufolge auf ein militärisches Eingreifen verzichteten. Einerseits setzten die beiden Supermächte mit ihrem Verzicht auf eine gewaltsame Lösung erste Zeichen der Entspannung, andererseits weiteten sich die "Spannungen zwischen Ost und West nun auf den ganzen Nahen Osten"9 aus. Mit der Unterstützung Ägyptens hatte die Sowjetunion klar Stellung bezogen und in der arabischen Welt viele Sympathien gewonnen, nicht zuletzt weil sie die Bewegung des arabischen Nationalismus unterstützte und deren Führer mit Waffen belieferte. Im Gegenzug arbeiteten die USA immer stärker mit Israel zusammen. Ihnen lag viel daran, den amerikanischen Einfluss und damit die Stabilität im Nahen Osten aufrechtzuerhalten. Als Reaktion auf das politische Engagement der UdSSR in dieser Region verkündete der amerikanische Präsident 1957 die "Eisenhower-Doktrin"10. Sie enthielt eine Zusicherung amerikanischer Hilfe an die Staaten des Nahen Ostens "gegen jedes Land, das vom internationalen Kommunismus kontrolliert wird."11 Trotzdem schien die "Welle des arabischen Nationalismus"12 bereits 1958 Fuss zu fassen. Unter der Führung Nassers schlossen sich Syrien und Ägypten zur Vereinigten Arabischen Republik (VAR) zusammen und im Irak stürzte die Armee die westlich orientierte Monarchie durch einen Putsch. Nach dem Austritt aus dem Badgadpakt verbündete sich der Irak mit der VAR. Als auch die Regimes im Libanon und in Jordanien bedroht waren, intervenierten amerikanische Einheiten im Libanon und britische in Jordanien. Dadurch war der Vormarsch des arabischen Nationalismus zum Stillstand gekommen und der westliche Einfluss im Nahen Osten bis auf weiteres verteidigt. Ungeachtet des Zusammenbruchs der VAR zwischen Ägypten und Syrien im Jahre 1961 vermochte Nasser, "Israel durch wechselnde Allianzen mit Irak, Jordanien und Syrien und durch aggressive Drohgebärden unter Druck zu setzen."13
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